Kleine Firma für große Kunst
Beachten Sie den Kicker auf dem Treppenabsatz. Noch bevor man den großzügigen Büroloft von Christoph Hauptmann betritt, prägt er die Atmosphäre. Ein alter, schwerer Kicker, dessen patinierte Holzoberfläche das satte Klock erahnen lässt, das entsteht, wenn die Kugel an die Wände stößt. Aber mitten in der Woche steht der Kicker still.
In letzter Zeit hat Hauptmann vor allem mit der Gründung des Labels Blue Pearls Music auf sich aufmerksam gemacht, das im Mai mit der Veröffentlichung von zwei ebenso extravaganten wie aufregenden Hamburger Jazz-Produktionen einen fulminanten Start hinlegte. Während das Capri di Rote Quintett die Jazzgeschichte durch die Ironiemühle dreht, balanciert das Trio feldneun auf einem schmalen Improvisationsgrat
die Gewichtsverhältnisse zwischen akustischen und elektronischen Instrumenten aus. Die Reaktionen auf die Musik des neuen Labels waren hymnisch, doch hält sich das kommerzielle Potential dieser Musik in engen Grenzen.
Das bestreitet auch Hauptmann nicht, doch je länger man sich mit ihm unterhält, desto deutlicher wird, wie absurd schon eine solche Abwägung scheint. Genau hier kommt die Person Christoph Hauptmann ins Spiel. Hauptmann ist kein Mäzen, er kann es sich nicht leisten, bedürftige Künstler, Musiker, Theaterleute mit seiner Zuwendung über Wasser zu halten. Er hat vielmehr Erfahrung mit der Vermarktung von anspruchsvollen Kulturproduktionen, und das ist schon einmal eine wichtige Sache. (Die Welt, 15.08. 2006)
